Stellungnahme der Vollversammlung des Jugendzentrums in Selbstverwaltung
Friedrich Dürr zu den Aussagen des CDU-Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats
Claudius Kranz über das JUZ während der Gemeinderatssitzung am 01.10.2024.
Bei einer Debatte über die neu geregelten Energiekostenzuschüsse für alle Mannheimer
Jugendeinrichtungen mit Gebäuden über 200qm kam es zu einer kurzen, von der AfD
angestoßenen Debatte über die finanziellen Zuschüsse des Jugendzentrums in
Selbstverwaltung Friedrich Dürr (JUZ). Hierzu meldete sich Claudius Kranz zu Wort und stellte
klar, dass die CDU nur aus rechtlichen Gründen für die Neuordnung des Zuschusses stimme
und riet der AfD-Fraktion, einen Antrag zu den Etatberatungen der Stadt für das kommende
Haushaltsjahr einzubringen: auf diesem Wege könne dem JUZ rechtlich sicher der Zuschuss
entzogen werden. „Tags drauf stellt Kranz auf ‚MM‘-Anfrage klar, dass die CDU einem
entsprechenden Antrag der AfD nicht zustimmen, sondern gegebenenfalls einen eigenen
stellen werde.“ (Mannheimer Morgen vom 04.10.2024)
Von der fehlenden Abgrenzung der Mannheimer CDU zur extremen Rechten sind wir entsetzt,
wenn auch nicht überrascht, weil wir diese inhaltliche Annäherung schon beobachten konnten.
Bereits 2017 unterschrieb Herr Kranz einen Antrag, die Förderung des JUZ zu streichen. Die
Zusammenarbeit mit der AfD hatte er schon direkt nach der Gemeinderatswahl 2024 mit der
Aussage “Ich habe damit überhaupt kein Problem, wie sich die Mehrheiten am Ende des
Tages bilden“ (Mannheimer Morgen vom 15.06.2024) vorbereitet. Eine Zusammenarbeit und Absprachen mit der AfD hatte er in
einem Interview mit dem Mannheimer Morgen damals noch ausgeschlossen. Erschrocken
sind wir jedoch, wie schnell und offen der CDU-Fraktionsvorsitzende diesen Weg geht. Kein
halbes Jahr später berät er die AfD öffentlich juristisch im Gemeinderat und stellt die
Zusammenarbeit mit der CDU in Aussicht. Schockierend ist, dass der Werteverlust der lokalen
CDU so schnell kommt und Herr Kranz anscheinend keinerlei Respekt vor der bundesweit
öffentlich propagierten Nichtzusammenarbeit mit der AfD hat. Wir hoffen, dass Herr Kranz hier
nicht in Absprache mit seiner Fraktion gehandelt hat und andere Stadträtinnen der CDU eine andere Haltung zur AfD und deren menschenverachtenden Politik haben.
Leider wird uns damit wieder eine Debatte aufgezwungen, die komplett an unseren aktuellen Herausforderungen vorbei geht. Herr Kranz zeigt in seiner Wortmeldung in der Gemeinderatssitzung nämlich zugleich auf, wie wenig Ahnung er von der eigentlichen Jugendarbeit im JUZ hat. Bei der Bitte um Unterstützung, die seine Fraktion erreicht hat und die er als Aufhänger seines Beitrags wählt, fordern wir nicht „die Förderung nochmalig weiter“ (Redebeitrag in der Gemeinderatssitzung vom 01.10.2024) zu erhöhen, sondern eine langfristige Finanzierung für ein Projekt des JUZ, das auf den akuten Raumbedarf von nicht privilegierten Jugendlichen in der Neckarstadt reagiert. Hierzu gab es schon länger Projektmittel aus verschiedenen, auch städtischen Töpfen, die wegen ihrer Förderrichtlinien aber nicht passgenau und als Projektmittel eben zeitlich begrenzt sind, weswegen wir zur Aufrechterhaltung des Angebotes dringend eine institutionelle Förderung brauchen. Die ehrenamtlichen JUZis haben bei diesem Projekt ein offenes Café in unseren Räumlichkeiten selbst initiiert, das von einer Klientel frequentiert wird, die von der städtischen Sozialarbeit selbst nicht erreicht wird. Das 2024 von sozialpädagogischen Fachkräften auf Midijobbasis umgesetzte Jugendcafé ist ein Paradebeispiel von Selbstorganisation und innovativen Strukturen, die es aus ehrenamtlicher Initiative geschafft haben, das JUZ für eine Zielgruppe zu öffnen, die sonst nicht zu den üblichen Besucherinnen des JUZ gehört. Die Unwissenheit von Herrn Kranz über unsere Arbeit zeigt sich auch darin, dass keinerlei Bezug zur konkreten Jugendarbeit im JUZ hergestellt wurde. Stattdessen setzte er (ohne für uns
erkennbare Grundlage) öffentliche Aussagen im Gemeinderat und auf Social Media über das
JUZ in die Welt. In der Gemeinderatssitzung vom 01.10.2024 stellte er beispielsweise eine
Verbindung des JUZ zu den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg (!) im Jahr 2017 (!)
her, ohne irgendeinen konkreten Bezug zu nennen. Auf Facebook postet er haltlose
Behauptungen über die Zerstörung von CDU-Wahlplakaten aus dem JUZ heraus.
Es verärgert uns auch, dass er erst öffentlich die Streichung der Mittel ins Spiel bringt, bevor
es zu einem Gespräch mit uns kam. Wir sind basisdemokratisch organisiert und offen für
Kritik. Herr Kranz kann, wie jeder andere auch, Bedenken über unsere Arbeit in unsere partizipative Strukturen tragen. Die ins Spiel gebrachte Streichung der Fördermittel vor einem Gespräch können wir nur als Drohung verstehen, was ein Gespräch auf Augenhöhe extrem schwierig macht.
Wir sind zuversichtlich, dass wir anderen Stadträtinnen (vielleicht und hoffentlich auch
manchen in der CDU) und vor allem der Mannheimer Zivilgesellschaft deutlich machen
können, welche wichtige Jugend- und Bildungsarbeit im JUZ gemacht wird. Wir leisten hier
sehr unterschiedliche ehrenamtliche Arbeit von politischen Bildungsangeboten, über den
kostenlosen Sprachkurs für Geflüchtete, das pädagogische Gärtnern, die offene
Fahrradwerkstatt oder eben das angesprochene Jugendcafé. Wir zeigen unsere Arbeit gerne
und sind auch immer offen darüber zu diskutieren. Genauso sind wir hier nicht alle einer
Meinung. Wir halten inhaltlichen Streit für wichtig, weil unsere Freiraum-Pädagogik von
Aushandlungsprozessen abhängig ist. Diese ganze Arbeit machen wir als Ehrenamtliche in
unserer Freizeit.
Wir sind uns allerdings einig, dass zu unseren Grundwerten das Eintreten gegen Faschismus,
Rassismus, Antisemitismus und Sexismus gehören. Die offen dargestellte Nähe von Herrn
Kranz zur AfD verstehen wir als Angriff auf diese Werte. Wir hoffen und glauben weiter daran,
dass wir bei einem Antrag von CDU oder AfD gegen das JUZ genug Stimmen im Gemeinderat
gewinnen können. Die 2017 an uns gesendeten über 50 verschiedenen Stellungnahmen aus
den verschiedensten Teilen der (Mannheimer) Zivilgesellschaft liegen uns noch vor und
machen uns Hoffnung, dass wir wieder auf viel Solidarität bauen können. Auch wenn die
gesellschaftliche Stimmung – nicht nur in Mannheim – und das offene Zusammenbrechen des
demokratischen Lagers uns ernsthaft Sorgen machen, glauben wir noch an eine solidarische
Welt, für die es sich zu kämpfen lohnt!
Wir bleiben, heute wie damals und auch in Zukunft bei antifaschistischen Grüßen!
Die Vollversammlung des Jugendzentrums in Selbstverwaltung Friedrich Dürr am 10.10.2024
Hier als PDF runterladen.