Der Nationalsozialismus erhob die „gesunde und starke Volksgemeinschaft“ zum gesellschaftlichen Leitbild. Diesem Leitbild entsprechend wurden die Menschen als „wertvoll“, „erbgesund“ oder „erbtüchtig“ bewertet (und gefördert) oder aber als „minderwertig“, „gemeinschaftsfremd“ und „asozial“ diskriminiert (und „ausgesondert“). „Aussonderung“ umfasste dabei ein sehr breites Spektrum vom Entzug staatlicher Fürsorge über Wegsperren oder Zwangssterilisierung bis hin zur Ermordung.
Die Landflucht der Großeltern von Alfons L. Ims Ende des 19. Jahrhunderts von Sankt Alban nach Kaiserslautern führte zum sozialen Abstieg – vom Schneider zum Hilfsarbeiter.
Sein Vater, Heinrich Ims, kam 1900 als fünftes von neun Kindern in ärmlichen Verhältnissen in
Kaiserslautern zur Welt. Familie Ims lebte in großer Armut in verschiedenen Elendsvierteln Kaiserslauterns. Man würde heute von einer Familie sprechen, die finanzielle und pädagogische
Unterstützung benötigt. Doch vor dem Hintergrund des NS-Leitbilds wurde die Familie als „asoziale Großfamilie“ von den Nazis verfolgt und auseinandergerissen.
Jahrzehnte nach Kriegsende hat Alfons L. Ims die Geschichte seiner Familie in zahlreichen Archiven recherchiert und 2022 unter dem Titel „Eine ‚asoziale‘ Pfälzer Familie“ in einem Buch dokumentiert. In der Lesung werden die Schicksale der Kinder und der Eltern lebendig. Es wird an die menschenverachtende NS-Ideologie erinnert und die fragwürdige Rolle medizinischer,
pädagogischer und kommunalpolitischer Institutionen bei der Umsetzung der NS-Ideologie beleuchtet.